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Anlaufstellen werden überrollt

Bielefelder Netzwerk im Gespräch mit Bündnis 90/Die Grünen


Anlaufstellen werden überrollt

Intensiver Austausch über die Situation der Migrationsberatungsstellen in Bielefeld mit Vertretern der Grünen: MdB Britta Hasselmann (v.l.), Lütfiye Polat (DRK), MdL Matthi Bolte, Tatjana Trembatsch (DRK), Stadtrat Klaus Ree, Vassilios Lemonidis (Diakonie für Bielefeld), Vesselka Hilgeforth (Caritas), Ulrike Mann (Mitglied im Gesundheitsausschuss) und Jürgen Ortmann (AWO). Foto: Diakonie für Bielefeld

Seit 2012 hat sich von Jahr zu Jahr die Zahl der Ratsuchenden in den Migrationsberatungsstellen verdoppelt. „Aber ab April hat es uns überrollt.“ Tatjana Trembatsch (DRK) fasst zusammen, was ihr und ihren Kollegen unter den Nägeln brennt. Die Beratungsstellen brauchen kurzfristig eine deutlich bessere personelle Ausstattung, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

760 Ratsuchende waren es in den ersten vier Monaten, von April bis August stieg die Zahl sprunghaft auf 1.235. Eine Schätzung bis zum Jahresende wagt keiner abzugeben.

Die Migrationsberatungsstellen in Bielefeld bei <link http: www.awo-bielefeld.de _blank external-link-new-window external link in new>Arbeiterwohlfahrt, <link http: www.caritasbielefeld.de _blank external-link-new-window external link in new>Caritas, <link internal-link internal link in current>Diakonie für Bielefeld, <link http: www.drk-bielefeld.de _blank external-link-new-window external link in new>DRK (Deutsches Rotes Kreuz) und im <link http: www.ibz-bielefeld.de de ibz-home.html _blank external-link-new-window external link in new>IBZ (Internationales Begegnungszentrum) sind untereinander gut vernetzt. Sie arbeiten als MBE (Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer) oder als JMD (Jugendmigrationsdienst) und sind anerkannte Partner bei Behörden, Organisationen und anderen Fachberatungsstellen. Deshalb suchen die MBE-Vertreter derzeit gemeinsam das Gespräch mit den Parteien. Ihr Ziel: Die Aufmerksamkeit lenken auf die Dringlichkeit einer stärkeren Förderung. Im Gespräch mit Vertretern der Grünen machten sie deutlich, wie ihre Arbeitsbedingungen und die wachsenden Anforderungen aussehen.

„Die Sprechstunden sind voll“, sagt Vassilios Lemonidis (Diakonie für Bielefeld). Die Statistik des BAMF (Bundesamt für Migration) weist für das Jahr 2014 eine Steigerung der Beratungsfälle um 75 Prozent aus. Die im vergangene n Jahr erreichten 175.508 Fälle wurden von umgerechnet 485 Betreuern (umgerechnet auf Vollzeitstellen) bearbeitet – rein rechnerisch eine Zahl von 361 Fällen pro Betreuer. „Das ist ein unhaltbarer Zustand“, macht Lemonidis deutlich. Die Vollzeitstellen müssten auf 702 aufgestockt werden, damit nur 250 Fälle pro Betreuer zu bewältigen sind. „Eigentlich dürften es nur 150 sein.“

Die Bielefelder Bundestagsabgeordnete Britta Hasselmann,  der Landtagsabgeordnete Matthi Bolte, sowie für die kommunale Ebene Stadtrat Klaus Rees und Ulrike Mann, ließen sich nicht nur über das Ungleichgewicht zwischen Ratsuchenden und Beratern informieren, sondern auch über den Alltag in den Beratungsstellen.

Die Fälle werden zunehmend komplexer und komplizierter. Da sehen sich gut ausgebildete Migranten vor unüberwindbaren Hürden, um eine Anerkennung ihrer im Herkunftsland absolvierten Berufsabschlüsse zu erreichen. Da müssen sich anerkannte Asylanten darauf einstellen, dass sie ohne Sprachkenntnisse und ohne einen Schulabschluss nicht weiterkommen. „Es kommt immer öfter vor, dass sich Analphabeten bei uns melden“, berichtet Lütfiye Polat (DRK).  Auch die Zahl der Ratsuchenden, die traumatische Erlebnisse mit sich herumschleppen, wächst. „Und therapeutische Angebote für Kinder sind noch gar nicht im Focus.“

Der Appell an die Gesprächspartner aus den verschiedenen Ebenen der Politik lautet: Die Unterstützer brauchen Unterstützung. Diese Forderung ist bei den Vertretern der Grünen angekommen. Es sei hilfreich, Informationen aus der Praxis zu bekommen, waren sich die vier einig. Die Einladenden hoffen, dass die Gespräche mit den Politikern – auch mit den andere Parteien stehen die Fachleute in Kontakt – etwas bewegen. „Erste Schritte sind ja gemacht – aber jetzt muss es schnell weitergehen“, betonte Lütfiye Polat im Namen ihrer Kollegen und Kolleginnen.