Bielefeld. Im Kamphofviertel tut sich etwas: Das alte Perthes-Haus ist abgerissen, die hohen Schuttberge sind verschwunden und die Baustelle ist eingerichtet. Auf den 5.500 Quadratmetern Fläche haben in den nächsten eineinhalb Jahren die Bauleiter das Sagen. Direkt an der Ernst-Rein-Straße setzen Johanneswerk, Diakonie für Bielefeld und BGW ein großes Bauprojekt mit dem Namen ‚Perthes-Zentrum – Wohnen im Kamphofviertel‘ um, das neben einem modernen Altenheim mit 72 Plätzen, 28 barrierefreie Wohnungen und ein Nachbarschaftstreff umfassen wird.
Das Gesicht des Kamphofviertels wird sich an dieser Stelle deutlich verändern, eine neue Facette kommt hinzu. Verschwunden ist der in die Jahre gekommene Bau, in dem bis 2010 das Johanneswerk-Altenheim Perthes-Haus zu Hause war. Auf dem Areal entstehen nun im Osten ein dreiflügeliges Gebäude, welches drei Stockwerke hoch ist und die stationäre Alteneinrichtung beherbergen wird, und im Westen ein rechteckiger, ebenfalls drei Stockwerken umfassender Bau mit 26 barrierefreien und zwei rollstuhlgerechten Zwei-Zimmer-Wohnungen. Dem Altenheim vorgelagert ist ein flacher, offener und transparent geplanter Mehrzweckraum, der durch einen Laubengang mit dem Wohnhaus verbunden ist und für das gesamte Kamphofviertel offen steht. Damit ist die Möglichkeit geschaffen, Begegnungen zwischen den Menschen des Quartiers und den 72 Bewohnern zu bieten. „Uns geht es um das zeitgemäße Helfen, Pflegen und Betreuen. Wir möchten mit dem Projekt hier im Kamphofviertel die Grundlage für eine sorgende und quartierbezogen Gemeinschaft schaffen“, erklärt Dr. Bodo de Vries, stellvertretender Vorsitzender der Johanneswerk-Geschäftsführung, das Projekt.
Gemeinsame Mitte in der Mitte Bielefelds
Im Perthes-Zentrum finden auf drei Etagen sechs Wohngruppen mit je zwölf Bewohnern Platz. Die Funktionsräume und Wohnküchen sind zentral in der Gebäudemitte untergebracht, um kurze Wege für die Bewohnerinnen und Bewohner zu ermöglichen. Die Energieversorgung beider Neubauten erfolgt durch Fernwärme von den Stadtwerken Bielefeld. Ein großer Gemeinschaftsgarten, für den in der Planung alter Buchenbestand berücksichtigt wurde, rundet das Gesamtkonzept der gemeinsamen Mitte für das Kamphofviertel ab.
Die 28 Wohnungen in dem angrenzenden Wohnhaus bieten zwischen 39 und 76 Quadratmeter. Sieben der Wohnungen sind speziell für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf reserviert, die von der Diakonie für Bielefeld betreut werden. Direkt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Wohnprojekt befindet sich der Standort Meller Straße, der die ambulante Versorgung gewährleistet. Marc Korbmacher, Geschäftsführer der Diakonie für Bielefeld, ist sich sicher, dass das neue Perthes-Zentrum einen guten Raum für Menschen verschiedener Generationen bietet, um Zusammenzukommen: „Die Diakonie für Bielefeld ist direkt vor Ort für die Menschen da und bietet Unterstützung an. Wir möchten gemeinsam mit dem Quartier das Perthes-Zentrum gestalten.“
Die BGW ist bereits mit verschiedenen Wohnangeboten im Kamphofviertel vertreten. Im Perthes-Zentrum sehe das Unternehmen eine Weiterentwicklung des Bielefelder-Modells, so BGW-Geschäftsführerin Sabine Kubitza. Und auch die Stadt Bielefeld unterstützt das den Bau des Perthes-Zentrums im Kamphofviertel. „Das Bauprojekt Perthes-Zentrum ist besonders, weil es so etwas in Bielefeld noch nicht so häufig gibt. Zukünftig werden wir weitere solcher Modelle brauchen“, sagt Bielefelds Sozialdezernent Ingo Nürnberger.
Alter Name mit langer Tradition
‚Perthes‘ ist ein bekannter Name mit langer Tradition im Kamphofviertel. Namensgeber des alten Hauses sowie des neuen Wohnprojekts war und ist der Bonner Universitätsprofessor Clemens Theodor Perthes (1808 bis 1867), der sich im 19. Jahrhundert für den Aufbau eines evangelischen Herbergswesens eingesetzt hatte. Nach der Gründung 1929 galt das Perthes-Haus bald als eine der besten Herbergen Deutschlands. Die gut besuchte Einrichtung war stadtbekannt. Damals standen am Rande des Kamphofviertels 120 Betten für die Wanderer bereit. Während des Zweiten Weltkrieges als Lazarett genutzt, war das Haus seit 1951 eine Einrichtung für alte und pflegebedürftige Menschen, bevor es in 2010 geschlossen wurde.
Die Vorbereitungen für den Baubeginn im Dezember laufen bereits. Mit der Fertigstellung des insgesamt 16,5-Millionen-Projektes rechnen Johanneswerk, Diakonie für Bielefeld und BGW zum Ende des Jahres 2023. Der Einzug der ersten Bewohnerinnen und Bewohner in das Altenheim ist für Juli 2023 avisiert.